deutschlandradio, corso, 1.02.2003
Knefnachlass
 
Musik (Hildegard Knef: „Wer war froh, dass es dich gab“) steht frei. Hildegard Knef singt: „Egal, ob man es mag, es kommt der Tag, wo einer fragen wird, was den Menschen an dir lag.“

Sprecher:

Eine Antwort auf die Frage gibt das Berliner Filmmuseum. Für insgesamt 250.000 Euro hat es jetzt den Nachlass von Hildegard Knef erworben. Materiell geblieben sind von der Knef etwa 25 Umzugskartons mit Kleidern, Fotos, Typoskripten, Gemälden und Preisen. Ein Glücksfall sollte man meinen. Nach den Nachlässen von Marlene Dietrich und Heinz Rühmann die dritte wertvolle Erbschaft deutscher Filmgeschichte für das Berliner Filmmuseum.

O-Ton Werner Sudendorf (Leiter der Sammlung/Filmmuseum Berlin): „Es ist eigentlich alles in dem Nachlass, was man sich wünscht.“

Sprecher:

... sagt Werner Sudendorf, der Leiter der Sammlung im Filmmuseum Berlin. Stimmt das tatsächlich? Immerhin rund 4.500 Fotos enthält der gesamte Nachlass. 90 Bände mit Presseausschnitten, 8 Ordner mit Roman-, Bühnentyposkripten und Skriptfragmenten, fünf Gemälde, 60 Kleidungsstücke und 15 Auszeichnungen. Im Moment bearbeitet das Filmmuseum den Nachlass für eine große Knef Ausstellung im nächsten Jahr. Und dennoch: Soll das tatsächlich alles gewesen sein, was von der Knef übrig geblieben ist, Herr Sudendorf?

O-Ton Werner Sudendorf: „Wenn Sie einen Nachlass sich ansehen, dann fragen sie sich natürlich: gibt es noch etwas. Aber sie käönnen nicht in dem Haus herumgehen und gucken, ach da liegt ja noch etwas. Sondern sie müssen nur das nehmen, was sie bekommen, wenn jetzt – was passiert ist – Personen zu uns kommen und fragen: ist den das da drin, ist denn jenes darin, dann gibt es Sachen, die dort fehlen. Das ist ganz klar.“

Sprecher:

Einer der wissen müsste, was fehlt, ist Knefs dritter Ehemann und deren Erbe, Paul von Schell. Fast 25 Jahre waren beide verheiratet. Kein leichter Schritt sich von Gegenständen eines geliebten Menschen zu trennen, um Geschäfte damit zu machen. Wie kam es überhaupt zu dem Verkauf, Herr von Schell?

O-Ton von Paul von Schell: „Ich wurde über Herrn Jost gefragt und gebeten, ob das überhaupt möglich wäre. Und von Verhandlungen, da war ich überhaupt kaum dabei. Das hat der Thomas gemacht.“

Sprecher:

Welche Rolle spielte der Manager der Knef bei der ganzen Sache?

TC: 10:02:48:00. O-TonThomas Jost (Manager von Hildegard Knef und ihr Musik-Verleger/Funkturm-Verlag): „Meine Rolle beim Verkauf des Nachlasses von Hildegard Knef, war die, die ich immer für Hilde gespielt habe. Ich habe ja ein persönliches Management gehabt und jetzt nach ihrem Tode, somit auch nicht nur die moralische, sondern auch die technische Verantwortung gehabt, den Nachlass zu verkaufen. Wir hatten relativ kurz nach dem Tod von Hildegard Knef Anfragen aus dem privaten Bereich, Anfragen nach Auktionen, Anfragen auch von anderen Filmmusen. Aber es war nach relativ kurzer Zeit klar, dass der Nachlass in Berlin landen sollte.“

Specher:

Doch nach welchen Kriterien wurde der Nachlass zusammengestellt?

O-Ton Paul von Schell: „Die haben mir auch gesagt, wenn es um Sachen geht, wo sie das Gefühl haben, sie würden zuviel denen nachtrauern, diese Sachen zu verkaufen. Dann behalten sie die Sachen leiber. Und ich habe einiges behalten.“

Specher:

Sagt der Knef-Witwer Paul von Schell.

Musik (Hildegard Knef: „Ich hab´noch einen Koffer in Berlin“) steht frei (ohne Sprecher): „Ich hab´noch einen Koffer in Berlin“ danach Sprechereinsatz:

Sprecher (Musik wird unter Sprecher gezogen):

Die Knef hat also nicht nur einen Koffer in Berlin und das nicht nur an einem Ort. Der Nachlass im Filmmuseum ist nicht vollständig. Dort hofft man jedoch, dass noch etwas nachkommt. – Die 250.000 Euro für die Knef-Relikte stammen von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie und den „Freunden und Förderern des Filmmuseums Berlin“. - Doch ist der Nachlass tatsächlich 250.000 Euro wert?

Werner Sudendorf: „Man kann mit so einem Nachlass tatsächlich Kulturarbeit im Inland und im Ausland machen und für Deutschland und für Berlin werben. Das ist etwas, was sie ja kaum bezahlen können. Aber stellen sie sich vor, der Nachlass wäre jetzt nach München gegangen und München macht jetzt eine PR- Geschichte daraus, dass der Nachlass nach München gegangen ist. Da ist der Schaden sehr viel größer als das, was wir investiert haben.“

Sprecher:

sagt der Leiter der Sammlung des Berliner Filmmuseums Werner Sudendorf. Die Knef ist also ein Jahr nach ihrem Tod zum Spekulations- und Investitionsobjekt geworden.

O-Ton Thomas Jost: „Der Nachlass von Frau Knef wurde verkauft, weil - wie jeder Geneigte weiß, - dass ja ein großer Schuldenberg auf Frau Knef und ihrem Mann lasteten. Und wir diese Möglichkeit genutzt haben, diesen Schuldenberg abzutragen und jetzt, sage ich mal, es Herrn von Schell auch ohne Hilde ein sorgenfreies Leben zu ermöglicht. Ein andrer Punkt ist der, dass man noch Bänder gefunden hat mit unveröffentlichtem Material. Es gibt noch Texte, die noch zu bearbeiten sind. Solche Sachen sind vorerst noch nicht an das Filmmuseum gegangen, weil sie einen urheberrechtlichen Wert darstellen, den man der Öffentlichkeit nicht vorenthalten sollte. Und last but not least gibt es einen Vertragspassus, nach dem das Filmmuseum ein Vorkaufsrecht hat.“

Musik

Autor: Matthias Zuber