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  arte, Ausstrahlung: 23.09.2006, Länge: 8 Minuten
Pop aus Mali

 

Autor: Matthias Zuber & Annett Zündorf
Kamera: Matthias Zuber & Annett Zündorf
Schnitt: Matthias Zuber & Annett Zündorf
Produktion: polyeides medienkontor berlin
für: Faction TV
Sendung: METROPOLIS / arte
Redakteur: Martin Uhrmeister
Länge: ca. 08’
Sendung: 23.09.2006
Fassung: 2 / 13.09.2006

Beginn bei TC 10:00:00: .. Ende bei: TC: 10:07:53: ..

TC: 00:04
SprecherIn: Das Münchner Plattenlabel out / here records des DJs, Radiomoderators und Ethnologen Jay Rutledge produziert moderne Popmusik aus Afrika. [kurze Pause] Sein neuestes Projekt allerdings schlägt aus der Reihe: Es ist die Platte eines der berühmtesten, traditionellen Musiker Westafrikas: Bassekou Kouyaté.

TC: 00:26
O-Ton Jay Rutledge, Plattenproduzent out / here records: Für Bassekou ist es einfach so: Das ist jemand, der springt mich einfach an. Ich bin da und diese Musik ist da – und die ist allgegenwärtig in Mali. Ich hatte schon einzelne Solos gehört von ihm auf Platten und habe ihn dann live gesehen. Und für mich war sofort klar: Das ist ein Wahnsinnsmusiker.

TC: 00:53
SprecherIn: Der Plattenproduzent steigt in ein Flugzeug nach Bamako, der Hauptstadt Malis, um mit Bassekou Kouyaté dessen erste eigene CD aufzunehmen. Währenddessen hat der Musiker in Bamako Besuch aus London. Lucy Duran ist Musikprofessorin und eine bekannte Radiomoderatorin für Weltmusik bei der BBC. Sie arbeitet seit über 30 Jahren mit afrikanischen Musikern zusammen. Im Wohnzimmer von Bassekou Kouyaté sitzt sie, weil sie für ein Buch recherchiert. Und: - Bassekou Kouyaté ist einer der berühmtesten Griots Afrikas. Griot kann man nicht werden. Als Griot wird man geboren. Die Lieder aus 800 Jahren westafrikanischer Geschichte hat Bassekou Kouyaté von seinem Vater gelernt und der wieder von seinem Vater. Sie erzählen von Königen, Krieg und Sklaven, die zu Herrschern wurden. Sie sind die Historie Westafrikas und sind gleichzeitig Bestandteil der Gegenwart – kein Kind bekommt einen Namen, keine Hochzeit wird gefeiert ohne Griot.. -

MUSIK steht frei

TC: 01:56
O-Ton Bassekou Kouyaté, Griot: Un griot par example, c’est comme un dictionnaire. Parce que c’est un dictionnaire, c’est comme un journaliste, c’est comme quelqu’un qui na le droit de faire tout, un griot. Si on doit chercher une femme on marier, il faut chercher un griot. Moi je suis griot, mais je fais tout, par example un griot, il faut faire de la musique, il faut chanter, il faut parler. Tu has une vie de rapper.


TC: 02:00
Voice-Over: Ein Griot ist wie ein Lexikon, aber auch wie ein Journalist, und wie jemand, der das Recht hat, alles zu sagen. Wenn man eine Frau zum Heiraten sucht, muss man einen Griot aufsuchen. Ich bin ein Griot, aber ich mache alles. Zum Beispiel muss ein Griot musizieren, er muss singen und sprechen. Du führst das Leben eines Rappers.


TC: 02:36

SprecherIn: Neben Bassekou sitzt seine Mutter, die früher eine berühmte Sängerin war. Ami Sacko [02:41] ist die Frau Bassekou Kouyatés und wird die „Tina Turner Malis“ genannt.. Und einige seiner Geschwister gehören zu seiner Crew, wenn er auf Tournee ist.

Musik steht frei

TC: 03:00
SprecherIn: Jay Rutledge und seine Freundin sind auf dem Weg zu Bassekou Kouyatés Wohnung im Herzen Bamakos. Rund 1.000 Lieder hat Bassekou Kouyaté im Repertoire. Die Lieder sind fast die einzigen Überlieferungen aus einer schriftlosen Zeit, als Westafrika ein mächtiges und reiches Land war. Die Griots halten diese Geschichte seit fast Tausend Jahren am Leben. Sie und ihre Musik sind das Gedächtnis Westafrikas. Und in dieser Funktion hatten sie schon immer einen wichtigen Platz in der Gesellschaft Malis.

TC: 04:08

Lucy Duran, Musikwissenschaftlerin(O-Ton): The greatest of the empires that were based in Mali was the bambara empire. It ruled from 1235 till 1469. And the founder of the empire was a man called Soon Jatakeita and he had a griot. A lot of the reason why he was such a powerful man was because he had such a brillant griot. And that griot was a Kouyate. So the Kouyates are the original griot family.. For several generations his family had been living in Segou, which is about 200 kilometres up them down river, cause the river flows from west to east.

Voice-Over: Das größte Königreich, das es in Mali gab, war das Bambara Königreich. Es existierte von 1235 bis 1469. Der Gründer dieses Reiches war ein Mann namens Soon Jatakeita und der hatte einen großartigen Griot, dem er zu einem großen Teil seine Macht verdankte. Und dieser Griot war ein Kouyate. Die Kouyates waren die erste Griotfamilie. Über mehrere Generationen haben sie in Segou gelebt, das 200 Kilometer flussabwärts liegt. Der Fluss fließt von West nach Ost.

TC: 05:14

SprecherIn: Der Niger ist die Lebenesader Westafrikas. Hier am Ufer im alten Segou lag einst die mächtige Residenz des letzten großen Königreiches. Und hier ganz in der Nähe ist Bassekou Kouyaté geboren. Die Kouyatés lebten immer in der Nähe ihrer Herrscher. Nach der französischen Kolonialisierung mussten sie sich durch Auftritte auf Hochzeiten und durch Konzerte über Wasser halten. Als sein Vater starb, ebenfalls ein berühmter Griot, ging der junge Bassekou mit seiner Mutter auf Tournee und nahm dessen Platz ein. Von hier brachten auch die afrikanischen Sklaven die Bambara Musik – Bassekous Musik - mit nach Amerika, die dort unter dem Namen „Blues“ die gesamte Welt erobern sollte. Im alten Segou steht auch das Grab von Biton Mamali Koulibaly, dem Begründer des letzten großen Reiches, das in vielen Liedern der Griots besungen wird.

TC:06:04

Lucy Duran, Musikwissenschaftlerin(O-Ton): Mali has produced some of the worlds, some of Africas most famous musicians. But there are certain kinds of music which have not been represented on the world market. One of them is the bambara style. It sounds very familiar, sounds like the blues. Bassekou has been playing, collaborating with many artists. He has worked with dozens. Well, he has worked with Ali Farka Toure. In fact he is on Ali Farka Toures posthumus album. And it is going to show which an extraordinary musician Bassekou is. So it’s the time to produce his own.

Voice-Over: Mali hat einige der berühmtesten afrikanischen Musiker hervorgebracht. Aber es gibt hier Musikstile, die in der westlichen Welt noch völlig unbekannt sind. Einer davon ist der Bambara-Stil. Er klingt sehr vertraut, klingt wie Blues. Bassekou hat mit vielen Künstlern zusammen gespielt. Zum Beispiel mit Ali Farka Toure. Er ist auch auf dem Album zu hören, das nach Ali Farka Toures Tod erschienen ist. Es zeigt, was für ein außergewöhnlicher Musiker Bassekou ist. Es ist jetzt einfach an der Zeit, seine eigene Platte zu produzieren.

TC: 06:85

SprecherIn: Im Studio von Yves Wernert, hat der Griot seine Musiker versammelt. Der „Prince of Strings“, wie er hier heisst, ist ein Virtouse auf der Ngoni, dem direkten Vorläufer des Banjos. Durch musikalische Begegnungen mit Musikern wie dem Grammy-Preisträger Toumani Diabate und Blueslegende Taj Mahal oder Bono von U2 hat er sein historisches Repertoire weiterentwickelt. Er verbindet die Kraft der traditionellen Musik mit eigenen Ideen, Geschichten und Einflüssen aus den USA und Europa zu etwas Neuem und Eigenem.

TC: 07:15

SprecherIn: Die CD, die Anfang nächsten Jahres erscheint, wird der Auftakt zu einer eigenen, internationalen Karriere. Und – vielleicht – gehört auch bald Bassekou Kouyaté zu den internationalen Stars, die Mali hervorgebracht hat. [PAUSE] Für den Produzenten Jay Rutloedge geht es erst einmal weiter nach London in die Livingston Studios des renommierten Produzenten Jerry Boys. Und dann an die Planung von Bassekou Kouyatés erster Solo-Europa-Tournee.