MDR, artour, 04.09.2003
Dschungelbuch Deutschland
 
Wladimir Kaminer im Zauberbann der deutschen Provinz
Auf Lese-Reise mit der "Russendisco" kam Wladimir Kaminer viel in Deutschland herum. Dabei entdeckte er die deutsche Provinz und - wie sollte es anders sein - schrieb ein Buch darüber. Das MDR-Kulturmagazin "artour" war zu Besuch bei dem Berliner Schriftsteller.

Vor gerade mal zwölf Jahren siedelte sich der in Moskau geborene Wladimir Kaminer in Berlin an. Hier erfand er nicht nur die - inzwischen legendäre - Russendisco, sondern begann auch zu schreiben. "Dschungelbuch Deutschland" (Manhattan Verlag) ist sein mittlerweile siebtes Buch. Nach "Die Reise nach Trulala" zog es den Kultautor in die deutsche Provinz. "Berlin ist nicht Deutschland und der Prenzlauer Berg erst recht nicht", sagten ihm immer wieder seine Freunde.

 Also entschloss sich Kaminer, seinen Horizont zu erweitern: Langen, Wellmar, Northeim, Halberstadt... Inzwischen wurde Wladimir Kaminer zu einem Deutschland-Experten, zum Kenner und Liebhaber der deutschen Provinz:
"Je kleiner der Ort, um so überzeugter waren die Bewohner, das sie im einzig wahren Deutschland lebten. Aber zwanzig Kilometer weiter sah dieses Deutschland schon ganz anders aus. Ich schrieb an meinem Buch weiter, suchte nach typischen Merkmalen, nach Allgemeinheiten und geistigen Knotenpunkten, die dieses Land zusammenhielten. Das, was ich fand, war oft skurril, manchmal erstaunlich und immer natürlich sehr subjektiv."

Mit klarem Blick, seinem unverwüstlichen Sinn für Humor und mit viel Poesie nimmt er sich dieser exotischen Regionen an. Seine Geschichten sind voller unvergesslicher Details und Kaminer erbringt den Beweis, dass nichts amüsanter als das wahre Leben ist.
"artour" sprach mit dem Russendisco-DJ über Landleben, Gartenzwerge, Krokodilfleisch an gebutterter Ananas aus Sömmerda, das Ende der Welt in Waldbröl und über seine erfolgreich abgebauten Vorurteile. Sein "Dschungelbuch" schoss in die Top 20 der Bestsellerliste. Die deutsche Provinz kann stolz darauf sein.

Autoren und Regie: Anja Witzens und Matthias Zuber, Kamera: Matthias Zuber polyeides medienkontor münchen / berlin